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Anger-Crottendorfer Industriebrache Krause-Polygraph erhält neue Chance
Seit der Sitzung des Stadtbezirksbeirats Ost am 12. September 2012 scheint ein Hoffnungsschimmer für die städtebauliche Entwicklung der Anger-Crottendorfer Wildnis an der Zweinaundorfer Straße auf.
Immerhin hat sich auf dem geschichtsträchtigen ehemaligen Betriebsgelände der Maschinenfabrik Karl Krause seit dem großflächigen Abbruch der Industriegebäude 1994 nichts bewegt – außer der „wilden Natur”. Es gab nur ambitionierte Reißbrettprojekte der zeitweiligen Eigentümer: 1994 die Idee einer 6- bis 7-geschossigen Blockbebauung, 1996 etwas abgespeckte, aber immer noch überdimensionierte Planungen. Der Leipziger Stadtplan weist für das Gelände sogar schon die Namen neuer Straßen aus: Weidenbachplan, Bühringstraße oder Tschammerstraße.
Nun machte die neue Eigentümerfamilie Dörrscheidt, die den größten Teil des Geländes (knapp vier Hektar) im vergangenen Jahr erwarb, ihre Pläne öffentlich.
Zunächst sollen bis Ende 2013 die dem Abriss entgangenen drei Gebäude am Lilo-Herrmann-Park – Krause-Villa, Remise und Torhaus an der Zweinaundorfer Straße – „mit Augenmaß denkmalgerecht saniert“ werden. Die arg in Mitleidenschaft gezogene Bausubstanz wird derzeit gesichert und beräumt. Entstehen sollen in den drei Häusern soweit möglich barrierefreie, alten- und familiengerechte Wohnungen mit sehr individuellen Zuschnitten in Größen von 63 bis 225 m². Im Herbst 2013 solle es schon „ganz manierlich aussehen”, erste Wohnungen bezogen sein. Lofts für Kreative sind möglich; ebenso sollen im Souterrain der Villa und im Torhaus Gewerbeflächen eingerichtet werden.
Das Gebäude der früheren Remise wird zuerst saniert, hier sind 3 Etagenwohnungen mit je 150 m² Wohnfläche vorgesehen. Ein Baukran steht schon.
In der alten Fabrikantenvilla (Villa Krause-Biagosch) direkt am Lilo-Herrmann-Park, an der früher mehrfach um- und angebaut wurde – ein veritabler Stilgemischtwarenladen – und die seit längerem ohne Dach und Zwischendecken allem Wetter ausgesetzt ist, sollen 14 großzügige Wohnungen zwischen 63 und 225 Quadratmetern Fläche in vier Wohnetagen plus 3 Gewerbeeinheiten im Souterrrain entstehen.
Die Vorstellungen für die genaue Gestaltung des Torhauses haben noch keine endgültige Form angenommen. Platz wäre für Wohnraum auf jeder Etage mit 330 m². Wieviele Wohnungen entstehen werden, wieviel und welches Gewerbe einziehen soll, werde von den künftigen Mietern abhängen. Gute Ideen werden gerne gehört. Für Kreative wären die Bedingungen sicher geeignet – auch wegen teilweise über zwei Etagen reichender Räume.
Weitgehend unklar ist allerdings noch, was aus dem ausgedehnten Gelände hinter den drei Bestandsgebäuden werden soll. Wirtschaftsingenieur und Informatiker Arno Dörrscheidt skizziert seine „private Vision” von einem „Zwei-Seen-Dorf” – bunte Stadthäuser im Landschaftspark um zwei künstliche Seen ... Das brauche aber seine Zeit, im Idealfall ein Zusammenwirken mit den Eigentümern des Geländes vorm Bahndamm, und „vielleicht kann das auch erst die nächste Generation verwirklichen.“
Der nun doch noch einsetzenden Entwicklung des Krause-Polygraph-Geländes sehr zustatten kommt die Aussage der Neueigentümer, dass sie sich hier nach all den „gescheiterten Eigentümern, Projektentwicklern und Grundstückshändlern“ langfristig engagieren wollen. Dr.-Ing. Arno und Dr. Karla Mork-Dörrscheidt (eine Ärztin) haben als engagierte Privatleute bereits Erfahrung mit drei Sanierungsprojekten gesammelt, u. a. 1993 mit einem Gründerzeithaus (Baujahr 1898) im Leipziger Waldstraßenviertel. „Es wurde wieder Zeit für ein Projekt.“ Mit dem wollen sie eine Initialzündung für die Entwicklung des oft auch als „Ruinenpark“ gescholtenen Großareals an der Zweinaundorfer Straße geben. Auch an der Vision vom Parkbogen Ost zeigen sie sich interessiert. Anger-Crottendorf bedürfe hier dringend einer städtebaulichen Aufwertung – was der Stadtbezirksbeirat nur ausdrücklich unterstreichen kann. Übrigens: Die ca. 2,5 ha große Fläche vor dem Bahndamm einschließlich des Fabrikgebäudes an der Theodor-Neubauer-Straße (hier eine noch etwas „bessere” Ansicht von 2007) gehört seit 1996 einer Investorengruppe mit Sitz in Istanbul mit augenscheinlich sehr gebremstem Interesse an der Entwicklung der Immobilie.